Wo aber sind die Konstanten und Kontinuitäten dieses auf den ersten Blick verwirrend vielgestaltigen Oeuvres, zu dem sich noch Objekte und Installationen, Bücher und Texte zugesellen, zu suchen? Zuerst ist da jene künstlerische Haltung zu nennen, die sich als “Verfahren aus Freiheit” charakterisieren lässt. Sicher, der “Ton” hat sich wiederholt, je nach Lebensabschnitt, geändert: Aus dem unbändigen Freiheitstrieb, der das frühe Werk bestimmt, ist die Gelassenheit einer persönlich-individuellen Unabhängigkeit erwachsen, die sich ihrer selbst sicher ist und in den vergangenen Jahrzehnten Anwürfen von außen und wohl auch inneren Krisen widerstanden hat. Arbeiten, in den das Ringen um die eigene Freiheit thematisiert wird, wurden abgelöst von Werken, welche die errungene Freiheit modellhaft vor Augen führen. Nicht zuletzt in den neuen Arbeiten, in denen das Konkrete abstrakt und das Ungegenständliche konkret wird, nimmt sich Peter Mell – entspannt, spielerisch, sinnlich – die Freiheit, scheinbar gegensätzliche Möglichkeiten der Wahrnehmung in einem Bild auszutarieren – und damit neue, undoktrinäre Welten zu erschaffen.
Christoph Bauer
Konkret und abstrakt, Wohnzimmerwände füllend oder kaum schulheftgroß sind seine Arbeiten, über denen geheimnisvolle Schwärze lastet. Die Einteilung in Schaffensphasen hat Peter Mell überwunden. An die Stelle ist die Gleichzeitigkeit der Ausdrucksmittel getreten.
In den 80ern machte er mit Bildern Furore, die den Menschen aus den Zwängen und Verboten des Gemeinschaftslebens herauslösen wollten. Die Sexualität wird zum Inbegriff einer Befreiung des Menschen, und Mell kleidet sie nicht in geschmackvoll-blutleere Metaphern.
In den 90ern entstehen Arbeiten, die sich der raschen Etikettierung verweigern, in Wahrheit aber ein Leben ohne Zwänge weiterhin zum Ziel haben. Darüber wird sein Werk unabsehbar vielfältig. Sein Blick wird durchlässig für die Phänomene des Alltags. Dort wo er gegenständlich arbeitet wird Stadt-Architektur zum Spielmaterial. Wie Legosteine greift er einzelne Gebäude heraus und setzt sie in Zusammenhänge, die den Gesetzen der Wirklichkeit bewusst widersprechen. Möglichkeiten schaffen! so scheint auch das Motto von Mells Fotoarbeiten zu lauten. Er fotografiert Schaufensterauslagen oder lichtet Tischkanten, Heizkörper und andere Details einer Zimmereinrichtung ab, um sie malerisch zu verfremden.
Harald Ruppert – Südkurier